Der skandinavische Winter ist nichts für empfindliche Gemüter. Frostige Temperaturen, viel Niederschlag und wochenlange Dunkelheit können ganz schön an der Moral nagen. Vielleicht ist dies ein Grund, warum sich Norweger so gerne in Outdoor-Aktivitäten stürzen: Wenn das Klima auch noch so unwirtlich ist, so kompensiert die Natur dieses Manko mit rauer Schönheit. Und die Städter nehmen den Weg gerne auf sich, um in der Abgeschiedenheit einer «Hytte» ein Wochenende beim Wandern oder im Schnee zu verbringen.
Traditionelle Hütten sind meist klein und einfach gehalten, ohne Strom und fliessend Wasser. Für «Mylla» hatten die Bauherren andere Pläne. «Da wir keine Norweger sind, hatten wir keine genaue Vorstellung oder Vision davon, wie eine «Hytte» aussehen oder funktionieren soll», so Christine Griffin Young. «Wir vertrauten darauf, dass Casper und Lexie Mork-Ulnes mit ihrem innovativen Ansatz einen Schritt weiter gehen würden.» Das Paar wünschte sich ein kompaktes Gebäude, das neben der Wohnküche Platz für drei Schlafzimmer, zwei Bäder sowie eine Sauna bietet. Und so entwickelten die Architekten einen Bau, der den Hüttencharakter zwar aufgreift, dem funktionalen Häuschen aber ein Gefühl von Grosszügikeit und Weite verleiht.
Auflagen forderten ein Satteldach, das die Architekten allerdings teilen und in vier Schrägdächer gliedern konnten. «Mylla» liegt eingebettet mitten in der Landschaft. Die unbehandelte Kiefernfassade wird mit den Jahren silbergrau werden und sich noch stärker in die Natur integrieren.
Statt die Wohnfläche in einzelne Zimmer aufzuteilen, entwarfen die Architekten das Innere des Häuschens als offene Landschaft. Die vier Dachschrägen verbinden den Raum zu einer Einheit, nur die Badezimmer sind in sich geschlossen. Gegliedert wird er durch drei funktionale Kerne, die Platz für die Küchenzeile, Badezimmer und Stauraum bieten.
«Wir wollten das Interieur sauber und einfach halten, deshalb verwendeten wir im Innern nur zwei Materialien: Sperrholz und Beton», so Lexie Mork-Ulnes. Die Architekten behandelten das Holz mit Lauge und Weissöl, um eine warme, helle Atmosphäre zu schaffen. Massgefertigte Möbel wie Betten, Couch, Esstisch, Bänke und Regale sorgen für eine optimale Nutzung der Räume. Das Sofa im Wohnzimmer besteht aus zwei Matratzen, um bei voller Belegung zwei Schlafplätze mehr anbieten zu können.
"Wir wollten die Möbel so materialeffizient wie möglich gestalten, der Esstisch zum Beispiel hat genau die Grösse zweier Sperrholzplatten.»
Neben den vier Familienmitgliedern finden bis zu sechs Gäste Platz in dem kleinen Häuschen. Die Youngs kommen rund ums Jahr hierher, unabhängig von Wetter und Jahreszeit. «Der windradartige Grundriss und die schräge Dachform leiten sich vom Klima ab. Sie sorgen auch für Privatsphäre, indem sie die Schlafzimmer separieren. Jedes Fenster wirft einen ganz eigenen Blick auf die Landschaft. Das Gebäude ist die direkte Antwort auf Kontext und Umgebung und ermöglicht gleichzeitig ein einzigartiges Erlebnis», so Casper Mork-Ulnes.