Die vier Doppelhäuser an der Zürcherstrasse in Neuenhof wurden ursprünglich für die Kaderangestellten der nahe gelegenen Textilindustrie gebaut. Noch heute zeugen Jugendstilelemente, Stukkaturen und Verzierungen von der grossbürgerlichen Vergangenheit der Immobilien. Vor allem die Raumhöhe und die grosszügig sowie mehr oder weniger gleichmässig bemessenen Raumschnitte überzeugen. Vor gut 20 Jahren konnte Jean-Pierre Lanz zusammen mit seiner Familie eine der Haushälften mit drei Wohnungen kaufen. Die mittlere Wohnung bewohnt Jean-Pierre nun alleine, die zwei anderen sind vermietet. In die eine Wohnung zieht aber demnächst seine Tochter wieder ein. «Die Grundrisse sind flexibel nutzbar und lassen Raum für die unterschiedlichsten Bespielungen», meint der Hausherr. Das Doppelhaus, in dem Jean-Pierre Lanz wohnt, ist das einzige, das noch über die ursprünglichen eingezogenen Balkonschichten verfügt, sogenannte Loggien, die für ihn eine wichtige Funktion haben. Aber dazu erfahren wir später mehr im Gespräch mit dem Künstler.
«Die Musik und die Kunst sind meine beiden Lebenselixiere.»
Jean-Pierre hat die Wohnung nach seinen Bedürfnissen und Wohngewohnheiten instand gesetzt und eingerichtet. Vieles hat er dabei selbst gemacht. Nur bei der Farbgebung hat er sich Hilfe geholt, und zwar bei Dr. Ines Klemm, Gründerin und CEO von Latrace mit Sitz in Luzern. «Die Wege von Ines und mir haben sich bereits bei einigen früheren Projekten gekreuzt, und ich mag ihre akademische, wissenschaftliche Herangehensweise an das Thema Farbe», erzählt Jean-Pierre. Für die Jugendstilwohnung schlug die Farbexpertin im Grundsatz sehr dezente, gedeckte Farben vor. Grundelement ist eine warmes, helles Grau, das die Bewohner*innen und Besucher*innen bereits in der Eingangshalle in Empfang nimmt und die Stimmung beruhigt. In den davon ausgehenden Räumen wird das Grau mitgenommen und in der Helligkeit variiert. In der Küche sowie im Bad und im Schlafzimmer kommen noch ein hellblauer sowie ein petrolfarbener Ton hinzu. Pro Raum gibt es eine dunkel gehaltene Wand, die das Rückgrat desselben bildet und teilweise auch mit der dunkleren Wand des Nebenraumes korrespondiert, sodass eine fliessende, harmonische Farbwelt über die Räume hinweg geschaffen wird. «Das Farbkonzept von Ines Klemm verleiht den Räumen Behaglichkeit und Atmosphäre», meint Jean-Pierre Lanz. Die Holzböden wurden in allen Wohnräumen abgeschliffen und dunkel gebeizt, in der Küche und im Bad kommen Terracottaböden zum Einsatz.
«Das Farbkonzept von Ines Klemm verleiht den Räumen Behaglichkeit und Atmosphäre.»
Die Liebe zum Schönen
Sich mit Schönem zu umgeben, liegt in der DNA von Jean-Pierre Lanz. Über zehn Jahre war er verantwortlich für den Erfolg der Wittmann-Kollektion in der Schweiz. Nach einer Pause vertritt seine Agentur artapetum nun die Kollektion des italienischen Polstermöbelherstellers Poltrona Frau sowie die kleineren Kollektionen von Ceccotti Colle-zioni, Designercarpets und MisuraEmme. Viele der Möbel und Teppiche in seiner Wohnung stammen aus diesen Kollektionen, teils sind es aber auch über Jahre gesammelte Einzelstücke und Trouvaillen. Neben seinem Spürsinn für Design ist in den letzten Jahren eine grosse Liebe noch grösser geworden: jene zur Kunst. Einige seiner Bilder hängen auch bei ihm zu Hause und vervollständigen das Interior. Jean-Pierre malt aber nicht nur für sich, sondern auch im Auftrag. Wir haben ihn zu seiner Kunst befragt.
«Meine Kunst soll Freude bereiten und zum Nachdenken anregen.»
Jean-Pierre, deine Bilder zeigen oft Menschen von hinten, warum?
JEAN-PIERRE LANZ: Ich möchte in meinen Bildern Raum für Interpretation lassen.Wenn man eine Person von hinten betrachtet, überlegt man sich automatisch, wohin die Person blickt, was sie im Moment denkt, was sie bewegt. Man betrachtet die Szenerie mit einer gewissen Distanz.
Ein anderes Sujet, das man auch in deiner Wohnung findet, sind diese farbigen Atolle, woher kommt die Idee?
JPL: Eigentlich entstammt der Ursprung dieser Bilder einer Landschaftsfotografie, die ich im «GEO» entdeckt habe. Es handelt sich um eine Aufnahme von einem Fluss irgendwo im Norden, der klar definierte, runde Eisschollen mit sich führte; aber auch hier kann man wieder sehr viel reininterpretieren, und die Schönheit liegt im Auge des Betrachters, wie man so schön sagt. Meine Kunst soll in erster Linie Freude bereiten und zum Nachdenken anregen.
Wo malst du hauptsächlich?
JPL: Im Moment ist eigentlich der Balkon mein Atelier. Sobald die Leinwand grundiert ist, kann ich aber auch auf meiner Staffelei im Esszimmer malen. Ich liebe es, dass ich mich in sämtlichen Räumen vertun kann, aber natürlich schaue ich auch darauf, dass überall alles seine Ordnung hat.
Bist du ein Perfektionist?
JPL: Wenn Perfektion eine gewisse Detailverliebtheit beinhaltet, aber grundsätzlich als positive Eigenschaft wahrgenommen wird, dann lasse ich mich gerne als Perfektionist bezeichnen.