Das drahtlose Haushalts-Schaltpult, das den Farbfernseher an der Wand bedient, der ganze 15 internationale Sender empfängt und mit dem man per Videoschaltung im Supermarkt den Einkauf erledigt, elektrische Stadtautos und Schnellzüge – so hat man sich 1972 die Welt von Morgen vorgestellt.
Im kultigen ZDF-Beitrag wird das Jahr 2000 aus der Perspektive der 70er Jahre beschrieben – und heute, nochmals 19 Jahre nach die Welt von Morgen «heute» geworden ist, bringen einen manche Gedanken im Video nur zum Schmunzeln, während vieles jedoch durchaus eingetroffen ist. Von der Vernetzung des Haushalts war schon damals die Rede und ist auch heute wieder ein brisantes Thema im Zusammenhang mit Wohnkonzepten des Smart Homes und der generellen Frage, wie man «heutzutage» lebt. Der Grundgedanke des «Internet of Things», bei dem Objekte wie Ihr Kühlschrank oder Ihre Waschmaschine vernetzt miteinander kommunizieren und Ihnen Bescheid geben, wenn die Wäsche geschleudert oder die Milch leer ist, bestimmt die zukunftsorientierten Wohntechnologien. Die Welt wird effizienter, komfortabler, schneller – eben smarter.
In unserem Beitrag zum digitalen Zeitalter haben wir festgestellt, dass das Internet die Welt so grundlegend aufgewirbelt hat, dass sich das Leben in ziemlich allen Bereichen gewandelt hat. Für die jungen Menschen, die in diese neue Welt hineingeboren wurden, zieht das ein völlig verändertes, digital geprägtes Lebensgefühl nach sich. Diese Menschen sind die Zukunft. Doch wenn ich mir die Technologien so anschaue, frage ich mich in letzter Zeit häufig, ob diese jene Menschen überhaupt im Blick haben.
Was versteht man unter Smart Home eigentlich?
Ein Blick in unsere Jahrespublikation «Intelligentes Wohnen» zeigt einen Querschnitt der Themen: Sicherheit, Energie, Vernetzung, Multimedia und die Frage nach der Ästhetik des Ganzen. Smart Home ist der Sammelbegriff für all die Technik im Wohnraum, die auf vernetzte und zentral steuerbare Geräte und automatisierbare Abläufe abzielt. Auch für technikferne Menschen ein spannendes Thema, denn viele der Innovationen nehmen sich gesellschaftsrelevanten Problemen wie Energieeffizienz oder Ressourcenverbrauch an. So erkennt ein neuer Sensor in der Geschirrspülmaschine den Verschmutzungsgrad des Geschirrs und richtet die Wasser- und Menge des Spülmittels darauf aus. Smart, oder?
Die neue Generation hat andere Massstäbe
In der Theorie klingen all diese Gerätschaften aufregend, fortschrittlich und in sich stimmig konzipiert, doch sind sie wirklich die Zukunft? Ich selbst zähle zur Generation Y, bin Millennial und bewege mich in einem Umfeld von Gleichaltrigen und ähnlich Gesinnten. Vernetztes Wohnen und intelligente Haushaltsgeräte sind schlichtweg kein Thema. Im Gegenteil, der Wohntraum vieler geht in Richtung Altbau mit knarrenden Böden und wertiger, alter Substanz, anstelle von hypermodernem Hightech-Wohnen, das jeglichen Charme entbehrt.
Das Lebensgefühl von Ungebundenheit, Leistungsdruck und Rastlosigkeit, das so bezeichnend für die Generation «Maybe» ist, steht einem sesshaften Haushalt mit Cutting-Edge Technologie im Weg. Energieeffizienz und sparsamer Umgang mit Ressourcen sind zwar durchaus Themen, die im sozialen Bewusstsein präsent sind. Die Lösungsstrategien gehen aber viel stärker Richtung Shared Economy, bewusstem Konsum und verantwortungsvollem Leben. Gerade durch die Allgegenwärtigkeit von Technik und Digitalem in unserer Welt, zieht es uns zurück in die Natur. Es drängt uns öfter dazu das Handy mal bewusst wegzulegen und uns vom Internet abzuschirmen. Brauchen wir da wirklich einen smarten Kühlschrank?
Zwischen denjenigen, die Häuser bauen, planen und finanzieren und denjenigen, die am Ende darin wohnen, besteht eine riesige Diskrepanz.
Smart Homes machen Sinn, so wie jede technische Weiterentwicklung einen Schritt nach vorne bedeutet. Die Frage ist nur, für wen? Nach dem Besuch der Immo19 Ende Januar – der grössten Schweizer Investorenmesse für Immobilien, wo sich jedes Jahr private und institutionelle Anleger über das Neuste zum Thema Investment und Finanzen austauschen – fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Zwischen denjenigen, die Häuser bauen, planen und finanzieren und denjenigen, die am Ende darin wohnen, besteht eine riesige Diskrepanz. Für wen werden eigentlich Wohnungen und Häuser gebaut, saniert und geplant? Der Vortrag des SNBS (Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz) brachte es auf den Punkt: Die neue Generation hat andere Massstäbe. Vielleicht ist es endlich an der Zeit, sich an ihnen auszurichten, um nicht in einigen Jahren so belächelt zu werden wie das ZDF-Video aus den 70ern.