Wir haben bereits in unserem What's on September über die kommende Ausstellung im Vitra Design Museum in Weil am Rhein geschrieben, möchten aber in diesem Artikel noch genauer darauf eingehen.
Mit «Nike: Form Follows Motion» zeigt das Vitra Design Museum die erste umfassende Museumsausstellung über die amerikanische Sportbrand Nike. Angefangen bei den experimentellen Ursprüngen in den 1960er Jahren, über die Entstehung des ikonischen «Swoosh»-Logos in den frühen 1970er Jahren, bis hin zu Innovationen wie «Air»-Sohlen ist vor allem auch die Designgeschichte von Nike spannend und lehrreich.
Sneakers als Teil der Popkultur
Zudem werden die gesellschaftliche Bedeutung des Sports und die nahezu kultartige Verehrung von Sneakers und Sportmode in der Popkultur und in den sozialen Medien in der Ausstellung untersucht. «Nike: Form Follows Motion» folgt auf einen Sommer voller sportlicher Ereignisse, darunter die Olympischen und Paralympischen Spiele in Paris sowie die EM in Deutschland.
Seit seiner Gründung im Jahr 1972 hat sich das nach der griechischen Siegesgöttin Nike benannte Unternehmen zur weltweit grössten Sportmarke entwickelt. Ein wesentlicher Faktor für diesen Erfolg ist Design: Nike-Produkte sind überall präsent, und unverkennbar wegen ihrer dynamischen Formen, innovativen Materialien und der Markenstrategie.
Die meisten Produkte entstehen am Hauptsitz des Unternehmens in der Nähe von Portland, Oregon, wo Hunderte von Designer:innen, Wissenschaftler:innen und Ingenieur:innen aus verschiedenen Disziplinen – von Materialwissenschaft bis Biomechanik – zusammenarbeiten. Die Ausstellung gibt Einblicke in diese Design-Labore.
Bibliothek für Schuh-Fans
Die meisten Exponate stammen aus dem firmeneigenen Nike-Archiv, das mehr als 200 000 Objekte umfasst. Erstmals wird eine Auswahl dieser Sammlung öffentlich gezeigt.
Zu den Highlights zählen experimentelle Prototypen von Modellen wie dem Waffle Trainer, dem Air Force 1 und dem Shox. Ergänzt wird die Ausstellung durch Originalzeichnungen, Designstudien, historische Filme und Fotografien, die die Arbeit der bei Nike veranschaulichen. Namen wie Diane Katz, Tinker Hatfield und Eric Avar sind eng mit Nike verbunden, ebenso wie Marc Newson, Comme des Garçons oder Virgil Abloh, mit denen zusammengearbeitet hat. Auch die Zusammenarbeit mit Athlet:innen aus dem Leistungssport im Designprozess wird beleuchtet. Dabei hat das Vitra Design Museum die Ausstellung initiiert und produziert, der international anerkannte Designhistoriker Glenn Adamson hat sie kuratiert.
Geschichte von Nike wird beleuchtet
Die Ausstellung ist chronologisch in vier Abschnitte gegliedert: Der erste Teil mit dem Titel «Track» widmet sich den Anfängen der Unternehmensgeschichte und gibt einen Einblick in das Archiv des Sportartikelherstellers.
Nike wurde von Phil Knight, einem ehemaligen Läufer, gegründet. Die ersten Mitarbeiter:innen waren Freizeit- und Collegesportler:innen sowie einige Profisportler:innen, die die Marke bekannter machten. Der Designprozess war ebenso praktisch wie die Vermarktung: Nike-Vertreter:innen brachten die Schuhe zu Leichtathletik-Wettkämpfen, um sie dort testen zu lassen.
Dieser Bereich der Ausstellung zeigt die Entstehung der Designkultur von Nike und die ersten Schlüsselmomente der Firmengeschichte, wie die Entwicklung der ersten Waffelsohle in der Küche von Bill Bowerman oder die Geschichte der Tigerbelles. Aus diesen frühen Jahren stammt auch Nikes Prinzip, in Forschung und Design eng mit Athlet:innen zusammenzuarbeiten.
Mit «Air» zum Durchbruch
Der zweite Abschnitt der Ausstellung, «Air», beschäftigt sich mit den 1980er Jahren, als dem Konzern der internationale Durchbruch gelang. Nachdem Nike zunächst in der Leichtathletik erfolgreich war, expandierte das Unternehmen in andere Sportarten wie Basketball, Tennis, Fussball und Skateboarding. Diese Entwicklung wurde durch Kooperationen mit Sportler:innen wie Michael Jordan, Andre Agassi und Serena Williams vorangetrieben.
Gleichzeitig gewann die Marke in der Musikszene und Popkultur an Bedeutung, nicht zuletzt durch die innovativen TV-Spots der Werbeagentur Wieden + Kennedy, die oft Popstars einsetzten. Der entscheidende Durchbruch in dieser Ära war jedoch die Entwicklung der «Air»-Sohle, die mit gasgefüllten Druckkapseln für bessere Dämpfung sorgte. Zunächst war diese Technologie in der Sohle verborgen, doch als der Air Max sie 1987 sichtbar machte, wurde sie ein Riesenerfolg.
Der dritte Bereich der Ausstellung, «Sensation», beleuchtet die Entwicklung von Nike ab den 1990er Jahren. Der Fokus liegt zunehmend auf der Sensorik und Nachhaltigkeit der Produkte. Mit dem Nike Sport Research Lab entsteht ein High-Tech-Labor, das bis heute eine zentrale Rolle in der Produktentwicklung bei Nike spielt.
Zahlreiche wichtige Innovationen von Nike stammen aus diesem Labor, wie die Nike Free Serie, die das Gefühl des Barfusslaufens nachahmt, und der Vaporfly, ein Laufschuh für den Hochleistungssport. Auch Materialinnovationen wie das Flyknit-Prinzip, eine digitale 3D-Stricktechnologie, die nahtlose Formteile ermöglicht und den Materialverschnitt minimiert, werden in diesem Teil der Ausstellung vorgestellt.
Emotionen spielen eine grosse Rolle
Der vierte und letzte Ausstellungsteil, «Relation», beschäftigt sich mit den vielfältigen Einflüssen, die die Designkultur von Nike bis heute prägen – das sind Designer:innen mit Kreativen wie Virgil Abloh, Hella Jongerius, Comme des Garçons und Marc Newson.
Über 50 bedeutende Produktkooperationen aus der Nike-Geschichte zeigen die enge Verflechtung des Unternehmens mit Subkulturen und Gemeinschaften, die gesellschaftliche Veränderungen und Diskussionen über Vielfalt und Inklusion widerspiegeln.
Auch Musikvideos und Filme von einzelnen Nutzer:innen werden in diesem Bereich gezeigt, um zu untersuchen, welche Rolle eine Marke wie Nike heute, insbesondere in Jugendkulturen, bei der Konstruktion von Identitäten und Weltanschauungen spielt. Dabei wird deutlich, dass es im Sportdesign nicht nur um Leistung geht, sondern auch um Körperideale, Teilhabe, Selbstausdruck und das zutiefst menschliche Bedürfnis, Grenzen zu überwinden.
Die Ausstellung wird von einem umfassenden Programm aus Veranstaltungen und Workshops zu den Themen Sport und Design begleitet. Nach der Premiere im Vitra Design Museum wird die Ausstellung in weiteren internationalen Museen gezeigt.
Nike: Form Follows Motion
21. September 2024 bis 4. Mai 2025
Vitra Design Museum