An der imm cologne 2018 dominierten in den Messehallen matte, dunkle Farben. Nicht so bei Authentics: Der Stand wirkte im Raum wie eine Farbexplosion in knalligem Neon-Gelb, Rot, Lachs und Blau. So, dass sich viele Besucher ein wenig länger als vor anderen Ständen aufhielten – teils aus Neugierde, teils aus Irritation und teils, weil der Stand einfach eine fröhliche Stimmung verbreitete. Verantwortlich dafür waren Eva Marguerre und Marcel Besau von Studio Besau Marguerre. Mit ihren unkonventionellen Farbkonzepten brechen sie gängige Designstrukturen auf und zeigen, dass Farbe guttut – vor allem wenn es um die Interiorgestaltung geht. Wir treffen das Designer-Paar in ihrem Studio im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel. Von aussen könnte man das Büro mit integriertem Atelier auch mit einem Designshop verwechseln. Im Erdgeschoss teilen sie sich den Co-Working-Space mit ihren drei Angestellten und weiteren Kreativen. Im Untergeschoss haben sie die Räume zu einer Werkstatt, einem Atelier und Materialmusterraum umgebaut.
Draussen sitzen wir in der Frühsommersonne und trinken Rhabarberschorle. «Hamburg ist einfach ein liebenswerter Ort», bemerkt Marcel Besau. «Und es hat viele grüne Plätze, das ist uns sehr wichtig», ergänzt Eva Marguerre. Seit rund acht Jahren formen sie gemeinsam Studio Besau Marguerre. Das Paar hat schon während des Studiums gemeinsame Projekte realisiert und danach fliessend den Weg in die Selbständigkeit gefunden. Ob Produkdesign, Interior Styling, Visual Communication, Interior oder Retail – das Portfolio von Studio Besau Marguerre ist breit gefächert. Festlegen mögen sich die beiden nicht, viel zu spannend seien die verschiedenen Bereiche. Dennoch zieht sich ein gemeinsamer Nenner durch die verschiedenen Bereiche. Eine klare Formensprache und die Liebe zu Details und Farben. Umso irritierter waren einige Beobachter, als sie die Interiorgestaltung von Studio Besau Marguerre für die Elbphilharmonie in Hamburg sahen, die in Zusammenarbeit mit Architekt Daniel Schöning entstanden ist. Sanfte Farbnuancen in Naturtönen. «Ich finde eher, die Elbphilharmonie ist eines unserer farbstärksten Projekte», sagt Eva Marguerre.
Kannst du das genauer erklären?
Eva Marguerre: Wir haben uns intensiv mit dem Gebäude beschäftigt. Das Konzept war, mit Naturtönen zu arbeiten und dem Gebäude Farbe zu entziehen. Wir hätten auch alles rot gestalten können, aber das wäre für das Gebäude vollkommen falsch gewesen, auch für seine Nutzung. Uns inspirierte das Bild eines umgekehrten White-Cubes. Die Architektur darf und soll bewusst im Vordergrund stehen. Wir haben uns mit den Möbeln soweit zurückgenommen, dass sie sich harmonisch ins Gebäude einfügen, aber trotzdem von der Materialität her besonders sind.
Das Schöne ist, wenn man den Möbeln Farbe entzieht, wird die Materialität viel wichtiger.
Wie zeigt sich das?
EM: Wir haben bewusst viele Materialien wie Metall, Stein oder verschiedene Textilien kombiniert. Von weitem erscheint die Loungelandschaft im selben Farbton, von Nahem aber sieht und fühlt man, dass verschiedene Stoffe und Materialien verwendet worden sind.
Marcel Besau: Das bringt eine Ruhe in das Gebäude, die mehr Raum für die Musik und die Architektur lässt. Uns war die Liebe zum Detail und die Interaktion mit den Besuchern wichtig. Setzt man sich hin, gibt es eine leichte Irritation, weil sich die Sitzpolster je nach Standort immer wieder anders anfühlen.
EM: Das Schöne ist, wenn man den
Möbeln Farbe entzieht, wird die Materialität dafür viel wichtiger.
Seid ihr euch auch mal uneinig?
EM: Wir sind uns meistens einig.
MB: Ich würde es eher umgekehrt formulieren, wir sind uns eigentlich immer einig, wenn wir etwas nicht gut finden oder einen Auftrag nicht annehmen möchten, auch wenn das eher selten vorkommt.
EM: Ja, wichtig ist, dass wir ähnliche Vorstellungen, denselben Ehrgeiz und dieselben Werte haben.
Was kommt bei euch als Nächstes?
EM: Wir arbeiten an neuen Produkten für Schönbuch und Fürstenberg.
MB: Zudem gestalten wir für Vitra wieder den Messestand an der Maison&Objet.
EM: Dazu kommt die Gestaltung des POS-Settings der Vitra-Shops. Zweimal jährlich wird die Farbrange und die Geschichte, die darum erzählt wird, neu definiert. Und wir durften im letzten Jahr ebenfalls für Vitra sieben Shops in Asien gestalten, die teils noch nicht eröffnet haben.
MB: Es ging dabei mehr darum, ein Grundkonzept zu entwickeln, das man auch in den anderen Shops übernehmen kann und um die Frage, wie man die Marke auf einen neuen Markt transportieren kann.
Wie geht ihr an solche neuen Projekte heran?
EM: Man führt viele Gespräche mit den Händlern vor Ort, welche Produkte sie verkaufen wollen. Und dann muss man schauen, welche Textilien funktionieren in welchem Land. In Singapur zum Beispiel kann man keine Wollstoffe verkaufen, das mögen die Leute nicht, die wollen dann eher kühlende Stoffe.
Ihr macht von Produkdesign über Interior Styling bis Retail alles – war das immer geplant?
EM: Ja, das war tatsächlich von Anfang an unser Konzept.
MB: Mir war relativ schnell klar, dass ich nicht reiner Industriedesigner für Konsumgüter sein will, sondern in den Schnittstellen zu Grafik- und Kommunikationsdesign die Spannung empfinde.
EM: Man kann auch sagen, dass uns alles rund um den Möbelentwurf interessiert. Vom Entwurf bis zur Messeinszenierung und das Merchandising und schliesslich interessiert uns auch, wie das Möbel für einen Flyer oder Katalog inszeniert wird und wie das Möbel schlussendlich in Interior aussieht. Im Grund ist es diese ganze Wolke rundherum, die
uns interessiert und zusammengehört. Nur Produktdesign würde bei uns nicht gehen, wir lieben die Abwechslung.