Bewegt man sich durch die Riege der Schweizer Designer, kommt man an einem Namen kaum vorbei: Adrien Rovero. Die Arbeiten des Westschweizers reihen sich zwischen Installationen, Szenografien, Projekten im öffentlichen Raum sowie klassischem Produktedesign ein. Dabei schwingt immer eine verspielte Leichtigkeit mit, die ich ebenfalls im Gespräch mit dem Designer wiederfinde. So erinnern Vasen an Bonbons, oder die neue Limited Edition aus Beistelltischen nennt sich «Happy Tables» und vereint Materialien wie Marmor, Aluminium und recyceltes Plastik zu einem glücklichen Ensemble. Die Unverfrorenheit, die Adrien Rovero auf seine Arbeit überträgt, sucht man heute im klassischen Produktdesign oftmals vergebens. Umso erfrischender wirkt die Arbeit des Westschweizers. Nebst zahlreichen Museen und Galerien, arbeitet Adrien Rovero auch immer wieder mit Unternehmen wie Hermès oder Atelier Pfister zusammen. Im letzten Sommer präsentierte Atelier Pfister die Gartenmöbel-Kollektion «Lausanne» von Adrien Rovero, bestehend aus einem Gartentisch und stapelbaren Stühlen in verschiedenen Ausführungen. Erste Prototypen stehen noch im Atelier des Designers in Renens, einem Vorort von Lausanne. Das Atelier, das er sich mit einem Architekturbüro teilt, liegt unweit von der Ecal entfernt, wo Rovero früher studierte und heute selbst unterrichtet.
Für die Gartenmöbel-Kollektion «Lausanne» wurde Adrien Rovero am 12. Juni 2018 mit dem renommierten Schweizer Designpreis ausgezeichnet.
War der Sprung nach dem Studium direkt in die Selbstständigkeit schwierig für dich?
Adrien Rovero: Ich hatte viel Glück. Die Ecal bekam damals immer mehr Ansehen und grosse Firmen waren eher bereit, mit jungen Designern zusammenzuarbeiten. Zudem war mein letzter Studiengang offen strukturiert, und ich bekam die Möglichkeit, mit einigen Unternehmen zu kollaborieren. So verlief der Wechsel von der Universität in die Selbstständigkeit sanft, da ich direkt nach dem Studium einige Projekte für Kunden umsetzen durfte.
Kannst du dich noch an dein erstes Projekt erinnern?
AR: Ja, das war ein Auftrag für einen riesigen Schlossgarten in Frankreich, den ich zusammen mit 5.5 Design und Normal Studio umsetzen durfte. Das ist auch ein gutes Beispiel, das zeigt, wie alles begonnen hat. Ich hatte damals zwar eine Webseite mit meiner Telefonnummer, aber ich arbeitete immer noch von zu Hause aus. Als ich für mein Studium in den Vereinigten Staaten auf Rhode Island war, rief der Kurator Christophe Ponceau bei mir zu Hause an, es war jedoch meine Grossmutter, die das Telefon abnahm. Später rief sie mich an und meinte, dass ein Typ aus Paris mich möglichst bald treffen möchte.
«Es ist nicht schwierig eine neue Idee zu finden, sondern das richtige Projekt zur richtigen Zeit.»
Wie ging es dann weiter?
AR: Über Weihnachten flog ich nach Hause und war mir unsicher, ob ich den Kurator treffen sollte. Es war kurz vor Weihnachten und ich wollte die Zeit lieber mit meiner Familie und Freunden verbringen. Ich entschied mich aber, trotzdem nach Paris zu gehen und Christophe Ponceau zu treffen. Wir verstanden uns gut und realisierten schliesslich das Projekt. Fünf Jahre später haben wir nochmals mit einer Installation an einem Wettbewerb für Lausanne Jardin teilgenommen und gewonnen. Und nochmals vier Jahre später wurden wir angefragt, die Art Direction des Lausanne Jardins zu übernehmen.
Sind solche Projekte im öffentlichen Raum interessanter als klassische Möbelentwürfe?
AR: Ich arbeite gerne in verschiedenen Gebieten, ich bin auch nicht spezialisiert auf ein bestimmtes Thema. Meine Arbeiten, wie beispielsweise das Abfallprojekt mit Lausanne, das ich zurzeit realisiere, sind immer mit anderen Projekten verwoben. Die dekorativen Objekte für Hermès sind an Zeichnungen angelehnt, die ich gemacht habe, und deshalb kann ich gut von einem Projekt zum nächsten switchen. Es gibt immer Schnittstellen zwischen den Projekten und ich mache auch gerne Möbeldesign. Für mich ist es wichtig, eine gute Balance zu halten, denn das eine nährt immer das andere.
Was ist für dich die grösste Schwierigkeit?
AR: Es gibt verschiedene Aspekte, aber die grösste Herausforderung für mich ist, Projekte und Produkte zu erschaffen, die einen Sinn ergeben.
Ist dir die Funktionalität deshalb wichtiger als die Ästhetik eines Produktes?
AR: Ich will es mal so erklären: Wenn ich eine Blume aus Lederresten kreiere, ist sie optisch ein rein dekoratives Objekt. Für mich gibt es dennoch eine Funktion, denn die Blume begleitet irgendjemanden nach Hause, sie kann dabei Emotionen auslösen und steht für das Lederhandwerk. So gesehen, hat die Blume zwar keine vordergründige Funktion: Somit ist mein Ansatz weder funktional noch ästhetisch, sondern ganzheitlich. Ich versuche die beste Balance zu finden.
Bist du ein Perfektionist?
AR: Nein, ich bin ein bisschen chaotisch – auch im Arbeitsprozess. Aber es kommt immer auf das Projekt an. Arbeite ich an einem kleinen Produkt aus einem Stück, ist jedes Detail wichtig. Plant man aber eine grosse Ausstellung, ist nicht jeder Winkel wichtig, sondern das Gesamtbild zählt.
Wie bleibst du bei zehn parallel laufenden Projekten fokussiert?
AR: Das ist eine Frage der Organisation, und ich arbeite nicht alleine, ich habe ein Team, das mich unterstützt. Aber ich versuche dennoch, alle zwei Tage die Projekte zu überprüfen und sehe dann, wo ich noch mehr Zeit investieren muss.
Gibt es ein Projekt, das du noch gerne umsetzen möchtest?
AR: Ja, schwierig ist nicht, die Idee zu finden, sondern das richtige Projekt zur richtigen Zeit. Ich mag es, wenn sich Projekte natürlich ergeben. In meinem Atelier gibt es viele Samples, die seit Jahren im Regal stehen, und ich hoffe, ich finde irgendwann den richtigen Moment, um die Produkte wiederzubeleben.
Bist du mal gescheitert?
AR: Ja, natürlich und das ist immer traurig. In meinem Beruf kann man auf verschiedene Arten scheitern, nur berichten wir nicht gerne darüber (lacht). Zum Beispiel hatten wir vor Jahren grossen Erfolg in Milano mit einem Prototypen einer Leuchte und viele berichteten darüber. Danach änderte sich aber der Markt, und niemand wollte das Produkt mehr produzieren.