Nach Praktika und Festanstellungen bei grossen Designstudios wie EOOS in Wien, Philippe Starck in Paris oder Studio Hannes Wettstein in Zürich hat sich die Designerin Chantal Bavaud in Aarau niedergelassen. Unweit von der malerischen Altstadt entfernt, teilt sich Bavaud mit ihrem Freund, dem Grafiker Alain Schibli, ein Atelier mit Werkstatt. Hier steht auch der «Chien Savant» – ein Erinnerungsstück an die Zeit in Paris. Das Kindermöbel, ein Hund, der Stuhl und Tisch vereint, ist einer ihrer erfolgreichsten Entwürfe. Er ist während des Praktikums bei Philippe Starck entstanden und wird heute vom italienischen Möbelunternehmen Magis produziert und vertrieben. Philippe Starck sagte in einem Interview, er wünschte, der Entwurf wäre von ihm selbst. Chantal Bavaud scheint sich davon nicht irritieren zu lassen. Luxusprodukte sind nicht ihre Welt, das hat sie schnell festgestellt. Lieber will sie Dinge erschaffen, die Freude machen, zeitlos sind und einen Mehrwert bieten. So ist sie vor drei Jahren kurzerhand nochmals für ein Jahr nach Wien, als EOOS Studio sie für einen Auftrag für ein Jahr anstellen konnte. Gemeinsam mit dem renommierten Studio hat sie eine Toilette für Drittweltländer mitentwickelt. Später ist das wandelbare Kinderspielzeug «Nanuu» entstanden. Eine halbrunde Holzschale, die sich je nach Wunsch mit wenigen Handgriffen zu einem Boot, einer Schaukel oder einem Verkaufslädeli umfunktionieren lässt.
Bei dir kommen mir sofort «Nanuu» und der «Chien Savant» in den Sinn, woher kommt dein Faible für Kinderspielzeug?
Chantal Bavaud: Was ich an Kinderspielzeug liebe, ist, dass man spielerisch und mit Humor an die Arbeit herangehen kann. Mich fasziniert auch, welche Fantasie Kinder beim Spielen haben, das kommt bei «Nanuu» sehr gut zum Ausdruck. Die halbrunde Holzschale kann unterschiedlich genutzt werden, so entstehen immer neue Spielwelten, und es macht mir Freude, wenn ich sehe, wie Kinder damit umgehen.
Dennoch ist deine Produktepalette breit gefächert. Wie gehst du an ein neues Projekt heran?
CB: Mir ist es wichtig, einen Mehrwert zu bieten oder ein Produkt einfacher zu machen. Oft kommt mir eine Idee, indem ich ein Gerät nutze und merke, es funktioniert nicht so, wie es sollte. Dann habe ich den Anspruch an mich, dass ich es besser und einfacher umsetzen muss. Ein Produkt soll nicht nur schön aussehen, sondern auch tadellos funktionieren.
Wo liegen deine Stärken?
CB: Eine Dozentin sagte mir einmal, dass ich sehr stark in der technischen Umsetzung bin. Ich versuche immer, den einfachsten Weg zu finden, und das macht ein Produkt letztlich aus. Und ich habe ein gutes Gespür für Formen.
«Oft kommt mir eine Idee, indem ich ein Gerät nutze und merke, es funktioniert nicht wie es sollte»
Du hast unter anderem in Wien bei EOOS und in Paris bei Philippe Starck gearbeitet. Was hast du aus deinen Auslandaufenthalten mitgenommen?
CB: Von Wien Harald Gründls Philosophie. Etwa zu hinterfragen, wie ein Produkt produziert wird und ob man es nachhaltiger machen und besser auf die Ressourcen achten könnte. Auch sind viele Freundschaften im Ausland entstanden, die Einfluss auf meine Arbeit haben. Mit einem Kollegen habe ich mich super ergänzt, und wir haben viel zusammengearbeitet. Wenn ich heute an einem Punkt nicht mehr weiterkomme, frage ich immer noch ihn um Rat.
Welche Personen inspirieren dich?
CB: Die Designerin Hella Jongerius finde ich von den Farbkonzepten her recht spannend. Und bei Philippe Starck hat mich fasziniert, dass er eine Skizze kurz anschaute und direkt sagen konnte, was man besser machen könnte. Er hat ein extrem gutes Auge, und dadurch haben wir sehr viele Projekte realisieren können.
War das ein Traum, bei ihm zu arbeiten?
CB: Nein, aber im ersten Semester an der Designfachhochschule mussten wir einen Vortrag über einen Designer machen, und ich habe dafür Philippe Starck gewählt. Ich fand seine Arbeiten toll, war aber kein besonderer Fan von ihm. Und als ich ein Praktikum in Paris suchte, war es dann eher Zufall, dass ich bei ihm vorbeiging und mein Portfolio abgegeben habe.
Wie ist es, für einen so erfolgreichen Designer zu arbeiten?
CB: Mit Philippe Starck hatte ich persönlich nicht viel zu tun, aber die Arbeit an sich ist nicht anders als in anderen Studios. Nur der Output war extrem hoch, ich arbeitete parallel an mehreren Projekten.
Und eines wurde dann auch beendet …
CB: Ja, aber ich war bereits wieder zu Hause, als mich Philippe Starck anrief und fragte, ob ich den «Chien Savant» als Freelancerin fertig machen wolle, weil sie ihn produzieren wollten. Das war natürlich super, ich verdiente mehr Geld und konnte gleichzeitig selbstständig arbeiten.
Was ist für dich heute die grösste Herausforderung?
CB: Die Schwierigkeit an der Selbstständigkeit ist, dass niemand an der Tür steht und sagt: Frau Bavaud, ich hätte jetzt gerne einen Tisch. Man muss Durchhaltevermögen haben, und obwohl ich Kontakte zu Firmen habe, gehen solche Prozesse sehr langsam voran, gleichzeitig will man aber Geld verdienen und nicht warten.
Wolltest du mal was anderes machen?
CB: Ernsthaft nicht, aber natürlich gab es solche Gedanken. Solange ich mit Herz dabei bin und mein Essen und die Miete zahlen kann, werde ich so weitermachen.