Betritt man die Werkstatt von Studio Sundaze, ist es wie Eintauchen ins Wochenende. Surfbretter stehen an der Wand, Musik durchdringt den Raum und plötzlich kommt ein Gefühl auf, man könne den Wellengang hören oder das Salzwasser riechen. Nico Schürch, Flavio Brombach und James Siermann sind passionierte Surfer und kreieren Tische, die sich nicht in den Mainstream einordnen lassen. Getragen von der rebellischen Philosophie der Subkultur bekommen die Möbel einen eigenen Charakter und zeigen sich losgelöst von üblichen Sidetables oder Esszimmertischen in Surfbrettoptik. Die Tischplatte ist lediglich mit Magneten am hölzernen Untergestell befestigt und lässt sich unkompliziert entfernen.
Begonnen hat alles vor mehr als sechs Jahren im Keller von Nicos Eltern. Neben dem Studium hat er in der heimischen Werkstatt an ersten Produkten herumgewerkt, ohne genaues Ziel. Flavio und James liessen sich schnell begeistern und so entstanden erste gemeinsame Projekte. Die Lockerheit, die viele mit dem Surfer-Vibe verbinden, ist bei den dreien noch immer spürbar. Sie sprechen mit einer ansteckenden Passion über die Arbeit, die man sich gerne von jedem Gestalter wünscht. Vielleicht gerade deshalb, weil Studio Sundaze aus einem Hobby heraus entstanden ist, und es nicht in erster Linie um Profit geht. Der anfängliche Druck eines Start-ups soll die kreative Energie nicht eindämmen, deshalb gehen Nico, Flavio und James nach wie vor einer Teilzeitarbeit nach. Ein Konzept, das aufgeht: Heute stehen ihre Tische unter anderem im 25hours-Hotel an der Langstrasse in Zürich, und im «Birdhaus», einem neuen Co-Working-Space für Frauen.
Eure Geschichte hört sich ein bisschen nach Learning-by-Doing an, war das so?
Nico Schürch: Ja, ganz klar. Wir sind handwerklich begabt, haben aber keine solche Ausbildung. James hat einen Masterabschluss in Management und Kultur, Flavio einen in Sportwissenschaften und ich einen Uniabschluss in Soziologie und eine einjährige Masterstudium-Erfahrung in Design. Begonnen haben wir im Keller bei meinen Eltern. Irgendwann sind wir umgezogen und mit den neuen Räumen hat sich auch unsere Arbeit parallel weiterentwickelt. Als wir hier in Lachen eingezogen sind, haben uns Bekannte immer wieder darauf angesprochen, was wir machen würden und irgendwann hatten auch wir selbst das Bedürfnis, unsere Produkte zu zeigen. Bei unserem ersten Event kamen dann überraschenderweise über 100 Leute.
Flavio Brombach: Der Event war wichtig, denn er gab uns einen Motivationsschub. Bis dahin wussten wir nicht, wie unsere Produkte ankommen würden. Nach dem positiven Feedback konnten wir sagen: Jetzt wagen wir es. Ein halbes Jahr später, im Oktober 2016, haben wir die Firma gegründet.
War das von Anfang an euer Traum?
NS: Uns brachte der Gedanke zusammen, dass wir gemeinsam etwas selbstständig aufbauen wollten. Ein Hobby, bei welchem wir uns ausleben können.
Waren eure Produkte von Anfang an von Surfbrettern inspiriert?
NS: Ja, wir haben damals schon mit denselben Materialien gearbeitet, aber die Form hat sich erst später entwickelt.
Woher kam die Idee?
NS: Uns gefällt der Gedanke hinter dem Surfen. Er transportiert noch heute das Rebellische und die Freiheit. Das trägt uns.
«Wir haben uns vorgenommen, so lange wie möglich alles selbst zu machen.»
Ist es schwierig, die Surfkultur einem Binnenland näherzubringen?
FB: Wenn wir ein Massenprodukt machen würden, wäre es schwierig, aber nicht in der Menge, in der wir uns bewegen. Zudem ist Surfen wieder in, jeder will es ausprobieren oder hat bereits einmal gesurft. Und die Assoziation mit Surfen, Meer und Sonne finden auch Leute ohne Surferfahrung toll.
James Siermann: Aber wir wollen uns auch bewusst vom Surfen entfernen, wir wollen nicht in ein Stigma hineinfallen, dass wir das nur machen würden wegen des Rufs. Flavio organisiert seit acht Jahren Surfcamps und natürlich haben wir alle den Surfervibe, aber gleichzeitig wollen wir uns nicht einschränken lassen.
Wie wird das Untergestell produziert?
NS: Dafür haben wir einen italienischen Schreiner engagiert. Er hatte während der Krise alles verloren und musste sich wieder alles selber aufbauen. Seine Maschinen sind demnach rudimentär, und er ist limitiert im Output, aber das funktioniert gut. Wachsen wir, wächst er mit uns.
Wie seid ihr auf die Idee mit dem Magnet gekommen?
NS: Da spielt natürlich auch der Gedanke von Freiheit wieder mit. Ein Möbel muss heute transportabel sein. Die Tische lassen sich so schnell und unkompliziert aus dem Raum schaffen und nehmen nicht unnötig Platz ein. Unsere Möbel sind mehr Objekte im Raum, die sich bewegen lassen. Zudem sind sie durch die Magnete modular und lassen sich in drei Steps auseinanderbauen.
Wie sieht eure Arbeitsaufteilung aus?
NS: Das ist unterschiedlich. Flavio ist für die Kommunikation, Social Media und Eventplanungen zuständig. James ist ein guter Schreiber und verfasst alle unsere Texte, und ich versuche die Produkte voranzutreiben. Wir besprechen jeden Schritt gemeinsam. Für uns ist es nach wie vor spannend, dass wir, wenn nötig, in alle Bereiche hineinspringen können. Es soll ja auch ein Ausprobieren und Lernen sein.
FB: Nico ist die treibende Kraft hinter den Designs. Alle optischen Feinheiten und Designs kommen aus seiner Hand. Zudem wurde unser Team vor Kurzem durch Alban ergänzt. Er unterstützt uns im Verkauf und in der Kommunikation, und Laurin hilft uns in der Produktion.
Das hört sich jetzt alles sehr idyllisch an, gibt es bei so vielen Meinungen nie Streit?
NS: Doch, eigentlich ständig. Der grösste Clinch ist, wie stark wir uns an der Wirtschaft anpassen und in welchen Bereichen wir einfach unser Ding machen wollen.
FB: Wir haben uns vorgenommen, so lange wie möglich alles selber zu machen und wenn, dann nur Hilfe von Freunden und Bekannten anzunehmen. Ein weiterer Konfliktpunkt ist, dass wir keine Stunden aufschreiben. Hat man mal keine Zeit, will man das vor den anderen rechtfertigen. Das alles mit sich und dem Team zu vereinbaren, ist manchmal schwierig.
Wo kommt ihr an eure Grenzen?
NS: Unsere Kapazität ist ausgeschöpft, aber gleichzeitig haben wir extrem viele Ideen und wollen noch vieles besser machen, wie etwa logistische Probleme zu bewältigen.
JS: Wir wollen nicht unüberlegt handeln. Unsere Produktionsweise haben wir uns selbst angeeignet, das können wir nicht so leicht jemandem übergeben. Wir müssen uns erst auf das Wichtige fokussieren, das bremst uns gleichzeitig aber auch aus.
Instagram: @studiosundaze