Werden wir bald auf Sesseln aus «Pilzleder» sitzen, über Bodenfliesen aus Pilzfäden gehen oder in Häusern aus Pilzen leben? Gut vorstellbar, denn das meist verwendete Baumaterial Stahlbeton – eine Mischung aus Zement, Sand und Wasser, armiert mit Eisen – wird immer knapper. Grund dafür ist der für die Herstellung zentrale Sand. Dieser geht aus. Vor allem in Entwicklungsländern, wo die Urbanisierung boomt, ist bereits vom Sandkrieg die Rede.
Unverständlich, wenn man an die riesigen Sandwüsten auf unserem Globus denkt. Allerdings eignet sich gerade dieser Wüstensand nicht für den Bau – der Sand ist schlicht zu fein. Die Bauindustrie verlangt nach rauen Sandkörnern, die sich nur in Flüssen, Seen und Meeren finden lassen. Und diese Ressourcen sind bald ausgeschöpft. Grund genug, um über Alternativen nachzudenken.
Diese lassen sich in Pilzstrukturen finden. Schnell und einfach zu züchten, lässt sich so Baustoff überall da anpflanzen, wo er benötigt wird – ohne grossen Energieaufwand und hohe Transportkosten.
Ein Unternehmen, welches bereits auf den Trend gekommen ist, ist die Firma «Mogu». Die Firma aus Norditalien entwickelt aus Pilzmyzelien neuartige Materialien für den Wohnbereich. Das Myzel hat nämlich die unglaubliche Fähigkeit, jegliche Art von organischem Substrat zu transformieren – und dabei noch aufzuwerten. Je nach Menge an Licht, Feuchtigkeit, Gasaustausch, Temperatur und «Lebensmitteln», die dem Pilz gegeben werden, kann das Gewebe so optimiert werden, dass es hart wie Email, weich wie ein Schwamm oder dünn wie Papier wird.
Futter für das Züchten der Pilze findet sich in pflanzlichen Rückständen aus der Landwirtschaft, etwa Stroh, Sägemehl, Kaffeesatz oder gehäckselten Maishülsen. Die Pilzkulturen ernähren sich von der Zellulose in deren Innern. Um dorthin zu gelangen, wird die Schutzschicht aus Lignin zersetzt und die einzelnen Teilchen zu einem kompakten neuen Material aus Zellfasern verklebt. Akustikplatten, Wandverkleidungen, Bodenbeläge, gar Lederimitate können so auf Basis der Pilzfäden kreiert werden. Und das ganz ohne Epoxidharze.