Kontrastreich

St. Moritz

Aussenansicht von einem modernen dreistöckigen Chalet in der Winterlandschaft von St. Moritz.

Die Bergvilla verbindet östliche mit westlicher Baukultur. Dies wird vor allem an der Fassade des Hauses sichtbar.

Das Wohnhaus liegt hoch oberhalb des Dorfes, das längst zur internatio­nalen Hochburg des Tourismus avanciert ist. «Top of the World», wie es der Claim unter dem Schriftzug mit der Sonne von St. Moritz verkündet. «Diese Berge, diese Weite, dieses Licht» – bereits Friedrich Nietzsche wusste sich von der Gegend des Oberengadins begeistern zu lassen. Und genau diese Berge, die Weite und das Licht versucht das hier abgebildete Objekt ins Hausinnere zu holen. Mit seinem Satteldach und dem sich über drei Geschosse entfaltende Raumgefüge entspricht es in den Konturen durchaus den Häusern der Nachbarschaft. Speziell ist aber das Material: «Es handelt sich um ein Gebäude mit klassischen Formen und Proportionen, das jedoch dank der Geradlinigkeit und der Reinheit der ­Materialien, die durch die Vorherrschaft von Holz, Marmor, Stein und Glas bestimmt ­werden, ganz der Gegenwart verpflichtet ist», so der Bericht der Architekten.

Das Panorama ist einmalig, und das dunkle Innenleben des Hauses kontrastiert mit den schneebedeckten Bergflanken des Oberengadins. (Kamin: Focus; Sofa: Flexform)

Das Sofa «Adda» von Flexform bildet das gemütliche, weiche Zentrum des Wohn-Obergeschosses.

Die organische Formgebung von Tisch und Stühlen kontrastiert mit der Geradlinigkeit der Konstruktion.

Die Küche mit Bar bildet das Rückgrat des Dachgeschosses. Das schwarz lackierte Holz der Stühle steht im Zwiegespräch zur geflammten Oberfläche des restlichen Holzes.

Die Fassade des Privathauses besteht aus einheimischem Lärchenholz, das mit der ­japanischen Technik des Yakisugi behandelt wurde, bei der die Oberfläche des Holzes ­eingebrannt wird, um es vor Schimmel und Pilzen zu schützen. Neben den praktischen Vorteilen stärkt und hebt Yakisugi das Holz und verleiht ihm ein fast marmorartiges Aussehen. Dank der Verbindung dieser in Japan seit Jahrhunderten angewendeten Technik und den Proportionen der in den Alpen vorherrschenden Satteldacharchitektur definiert die prächtige Bergvilla in St. Moritz, die von Küchel Architekten entworfen wurde, die Beziehung zwischen Ost und West neu.

Im Schlafzimmer steht ein Bett mit hellblauer Tagesdecke, die Eckfenster gewähren einen Blick auf die Winterlandschaft.

Erhabenes Erwachen: das Kinderzimmer im mittleren Wohngeschoss.

Das dunkle Holz wird auch im Innern des Haues verwendet. So entsteht eine Art Höhlenfeeling im Kontrast zu der über grosszügige Fensterfronten eingefangenen, über eine beträchtliche Zeit des Jahres verschneiten Bergwelt. Die vertikalen und horizontalen ­filigran ausgebildeten Lamellen der Fassadenverkleidung gehen im Innern in eine Holz-Tafel-Bauweise über. Die Stösse der Holztafeln werden unregelmässig über die Wand verteilt. An manchen Stellen werden sie von einem in goldfarbenem Messing ­gehaltenen Kantenschutz veredelt, was den Glanz der Oberfläche des geflammten Holzes zusätzlich verstärkt.

Ein Findling aus einheimischem Quarzit wird zur Badewanne umfunktioniert. Inszeniert wird das Ganze von einem runden, indirekt beleuchteten Himmelsgewölbe.

Dunkles Holz und Naturstein prägen den Innenausbau des Hauses – so auch im Bad.

Überhaupt kommen der Innenausbau und die Einrichtung sehr edel und hochwertig daher. Das Haus ist dem Begriff des nachhaltigen Luxus verpflichtet, wie wir ihn in dieser Ausgabe zelebrieren wollen (siehe Editorial Seite 5). Im Wohnzimmer steht ein weiches, mit Stoff gepolstertes «Adda»-Sofa zusammen mit einem «Oliver»-Beistelltisch aus dem Hause Flexform vor einem modernen «Focus»-Kamin, hinter dem sich die ­einmalige und unvergleichliche Landschaft des Oberengadins auftut. Und mit diesem Blick vor Augen möchten wir hier wiederum mit einem Zitat eines Denkers, dieses Mal Thomas Mann, schliessen: «Nicht leicht spreche ich von Glück, aber ich glaube beinahe, ich bin glücklich hier.»

www.kuechelarchitects.ch

www.flexform.it

Coverbild der Ausgabe 1/2022 des Magazins Atrium.

Den Artikel finden Sie auch in der aktuellen Ausgabe 1/2022 von Atrium.