Wichtiges Intermezzo

Rückschau Supersalone & Fuorisalone 2021

Die Installation von Hermès Home im La Pelota an der diesjährigen Ausgabe des Fuorisalone zeigt ein gelbes Lehmhaus mit gelb-weiss-kariert bemalter Fassade, neben zwei weiteren Lehmhäusern, in denen sich die neuen Kollektionen von Hermès Home befanden.

Die Installation von Hermès im La Pelota gehörte zu einer der vielen Highlights während des Fuorisalone in Mailand.

Wir wussten alle nicht genau, was uns erwarten würde, als wir uns am ersten Wochenende des Septembers mit Zertifikaten und Masken bewaffnet in den Zug nach Milano setzten. Die Vorfreude war jedoch gross, endlich wieder einmal Leute live sehen zu können mit denen man sich in den letzten eineinhalb Jahren nur per Zoom, Teams oder Telefon ausgetauscht hatte. 

 

 

Die Installation von Molteni&C. vermochte am Supersalone am meisten zu überzeugen. Die von Ron Gilad kuratierte Installation zeigte das Innere eines Flugzeugs mit animierten Bullaugen, die den Blick auf einen Himmel freigeben, in dem Realität und Fantasie aufeinander treffen. 

Die Nebenschauplätze wie Talks, Diskussionsrunden oder Videopräsentationen fanden unmittelbar neben der Brandausstellung statt.

Viele Aussteller setzten bei ihrem Auftritt auf Bewegtbild wie hier Flexform.

Die Präsentation von Porro aus der Feder von Piero Lissoni war sehr poetisch.

Durch das Skelettieren eines Sessels stellte Giorgetti den Produktionsprozess in den Mittelpunkt.

Die Sonderschauen sorgten für Auflockerung. Zum Beispiel «The Lost Graduation», die 170 Projekte von Studenten weltweit zeigte, welche zwischen 2020 und 2021 ihren Abschluss gemacht haben oder «The Makers Show», die selbst produzierenden Designern aus aller Welt gewidmet war, sowie die Initiative «Take Your Seat» (Bild), die mit 130 ausgestellten Stühlen das ikonischste Objekt des Designs zum Thema gemacht hat.

Supersalone

Mit Spannung wurde die Eröffnung des sogenannten Supersalones erwartet, der am Sonntag, den 5. September dann für alle Designinteressierten die Tore öffnete. Das speziell für diese Ausgabe erstellte Ausstellungskonzept von Stefano Boeri, das im Wesentlichen auf eine flexible, vertikale Wand setzt, auf der jedes Unternehmen in maximal fünf Modulen à sechs Metern Länge seine Produkte und Marken präsentieren konnte, versprach Innovation und neuen Wind in der Ausstellungsarchitektur.

 

 

Neu zeigen sich alle Brands der Gruppe D-Studio unter einem Dach. Piero Lissoni zeichnet verantwortlich für den Umbau des ehemaligen B&B-Showrooms an der Via Durini 14. Nun stehen Produkte von B&B Italia (im Bildvordergrund die neue Tisch- und Sesselserie von Monica Armani) neben Produkten von Louis Poulsen (im Bildhintergrund), Maxalto, Azucena, Arclinea  und Flos. Die Brands ergänzen sich auf exemplarische Weise und als Gruppe können sie für fast jedes Einrichtungsproblem eine Lösung finden.

Anlässlich der Mailänder Designwoche wurde im Laufen space Milano eine temporäre Installation von Matteo Fiorini und dem Studio LYS mit dem provokanten Titel «Am I open-minded?» gezeigt. Eine künstlerische Ausstellung zwischen Reflexionen und Transparenzen, in einem ständigen Dialog zwischen Kunst, Design, Architektur und Natur.

Mit dem motivierenden Titel «The future is bright» hat das deutsche Unternehmen Schönbuch seine Ausstellung im Brera Design District versehen. Dementsprechend vielfältig an Farben und Formen präsentierten sich auch die gezeigten Objekte. Hier im Bild die Vasen «Saro» und die Schalen «Iro» von Hanne Willmann sowie die Wandhaken «Bulb» von Kaschkasch.

Das deutsche Leuchtenunternehmen Occhio hat sich an der «Via della Luce», der Strasse des Lichts, wie der Corso Monforte auch genannt wird, eingenistet. Damit festigt es seine Position als Premiummarke im Lichtbereich. Auf 120 Quadratmetern präsentiert Occhio eine interaktive Marken- und Erlebniswelt. Hier werden die innovativen Funktionen und Anwendungsmöglichkeiten erlebbar gemacht und höchste Lichtplanungs-Expertisen geboten.

Anlässlich der Mailänder Designwoche eröffnete Rimadesio «Stories and Matters», eine neue Fotoausstellung, die sich mit Materialien und Oberflächen beschäftigt (siehe Stele im Hintergrund). Die von den Fotografen Santi Caleca, Nicolas Polli, Tommaso Sartori, Simone Cavadini und Frank Hülsbömer aufgenommenen Stillleben wurden in einem bahnbrechenden Videomodus präsentiert.

 

Der italienische Möbelhersteller Living Divani hat seinen Showroom in der lombardischen Hauptstadt in die unteren Stockwerke des Gebäudes erweitert. Mit viel Grün wird aber auch hier eine freundliche, inspirierende Atmosphäre erzeugt. Im Bild das neue Outdoorsofa «Kasbah» des spanischen Künstlers und Innenarchitekten David Lopez Quincoces.

 

In seiner neuen Tapetenkollektion, die erstmals in Milano vorgestellt wurde, feiert Christian Fischbacher die Schönheit Afrikas. Die sechs stimmungsvollen Dessins knüpfen an die Textilkollektionen Djembe Rhythms und Salonga an. Farben, Muster und Strukturen der Dekorations- und Bezugsstoffe wurden in hochwertige Tapeten feinsinnig übersetzt. Im Mailänder Showroom sind ausserdem die Teppiche aus recyceltem Meeresplastik zu bestaunen.

Cassina präsentiert die Kollektion 2021 in der einladenden und eklektischen Atmosphäre von drei Wohnungen im Mailänder Showroom in der Via Durini. Ein komplettes Angebot für alle Wohnbereiche, vom Wohn- und Esszimmer über das Schlafzimmer bis hin zum Aussenbereich, wo die Ikonen des Unternehmens mit neuen Stücken von Michael Anastassiades, Jeffrey Bernett, Philippe Starck und Patricia Urquiola in Dialog treten. Projekte von Vico Magistretti und Afra & Tobia Scarpa kehren aus den Archiven zurück, im Bild das Sofa «Soriana» von Afra & Tobia Scarpa.

Das stilistische Thema der Minotti-Kollektion 2021 bietet eine moderne Interpretation des Mid-Century-Gedankens auf halbem Weg zwischen Rationalismus und Brutalismus, kombiniert mit einer grossen Portion Eleganz. Die von Rodolfo Dordoni mit Minotti Studio koordinierte Kollektion wurde von einem Team internationaler Designer entworfen, von Marcio Kogan, studio mk27 bis GamFratesi sowie von Rodolfo Dordoni selbst, der zum Beispiel das Sofa «Roger», das hier im Bild zu sehen ist, designt hat.

 

Showrooms

Nichts desto trotz: Das wahre Designfestival fand auch dieses Jahr wieder in der Stadt statt. Die Stadt zeigte sich von ihrer besten Seite. Warmes Spätsommerwetter liess den Marathon von einem Showroom zum anderen zur Flaniermeile werden und die italienischen Brands mit ihren tollen Showrooms in der Stadt hatten sich besonders herausgeputzt.

 

Die Hermès-Installation in den Räumen von La Pelota bot auch in diesem Jahr wieder ein sinnliches Gesamterlebnis, bei dem die Möbel, Objekte und Textilien von Hermès Home begutachtet werden konnten. Fünf monolithische Lehmhäuser, bemalt mit geometrischen Motiven, die auf die Farb- und Formenpalette der Kollektion verweisen, behausten die neuesten Entwürfe und Dessins der französischen Marke und entführten in eine ferne Welt.

 

Zu den Highlights zählten etwa der aus blauem Kalkstein gefertigte Tisch «Lignage D'Hermès» von Studio Mumbai, der sich durch ein präzises, von Hand gemeisseltes Linienmuster auszeichnet. 

Der deutsche Teppichspezialist Edelgrund präsentierte in den Räumlichkeiten des Palazzo Litta den «Edelgrund Forest», eine von Paolo Giordano und Ouwen Mori konzipierte, poetische Installation. Hauptakteur waren textile Paneele aus handgefertigten Kelimteppichen des Unternehmens, die von den meterhohen Decken des Barockpalasts hingen und eine Art labyrinthischer Garten formten. 

Im Palazzo Bovara war die Ausstellungsinstallation «La Casa Fluida» zu sehen, die vom Elisa Ossino Studio designt und vom Landschaftsarchitekt Marco Bay gestaltet wurde. Elf Räume und ein Outdoor-Bereich, die sich auf Komfort und Flexibilität mit einem natürlichen Konzept für technologische Schnittstellen und ein Augenmerk für Nachhaltigkeit fokussierten. Zu Gast war auch die österreichische Möbelmanufaktur Wittmann.  

UniFor macht einige der einzigartigsten, wertvollsten und zeitlosesten Objekte des italienischen Designs wieder zugänglich. Ausgangspunkt des Projekts ist Aldo Rossi mit vier der symbolträchtigsten Einrichtungsgegenständen, die er zwischen Ende der 1980er und Anfang der 90er Jahre für UniFor entworfen hat. Sie wurden vollständig überarbeitet und wurden im Rahmen einer von Ron Gilad kuratierten «architektonischen» Installation im historischen UniFor-Showroom auf dem Corso Matteotti in Mailand gezeigt.

In der Via Macchi 82 hat das Designbüro Studiopepe für den italienischen Retailer Mohd eine historische Halle in eine beeindruckende Installation verwandelt. «Botanica Collectiva», so der Titel des Programms, bot denn auch genau dies: Ein üppig begrünter Indoor-Garten, indem sich zwischen Sträuchern, Schmetterlingen und exotischen Blüten zeitgenössische Möbelinszenierungen entdecken liessen.  

Eine Vielfalt unabhängiger Designer*innen gab es auf der Ausstellung Alcova etwas abseits des Stadtzentrums zu entdecken. Auf dem Gelände eines ehemaligen Militärkrankenhauses und vor dem Hintergrund alter Fliessen und patinierter Wände der verlassenen Räumlichkeiten präsentierten Designer*innen wie Objects of Common Interest, Hannes Peer oder Lindsey Adelman aber auch aufstrebende Schweizer Designer*innen wie Altherr/Weiss, Panter & Tourron oder Sarah Hossli ihre Arbeiten.

 

Der Spaziergang durch Alcova schien dabei einer Zeitreise gleich, bei der man zwischen den Geschichten der heruntergekommenen Bauten, wild wuchernder Natur und zeitgemässen Installationen wandert.

Nicht selten durchmischten sich die konträren Welten, etwa im Tempio, wo die allegorischen Pappmaché-Wurzeln von MUT studio sich bis hinaus in den Garten schlängeln, oder die grossen Marmormodule von Agglomerati die Arkade des Gebäudes besetzen.

Installationen

Abwechslung boten die vielseitigen Installationen in und um die Stadt. Von den üppig verzierten, barocken Palazzi über künstlich geschaffene, botanische Gärten inmitten von Brera, bis zu baufälligen Räumlichkeiten eines ehemaligen Militärkrankenhauses abseits des Stadtzentrums.

 

Der nächste Salone findet vom 5. bis 10. April 2022 statt.

www.salonemilano.it