Zurück zu den Grundlagen

Porträt Oekofacta

Saikal Zhunushova sitzt in einem grünen Kleid auf einer tiefen Gartenmauer, dahinter die Fassaden von Wohnhäusern, links im Bild ein grüner Busch

Saikal Zhunushova lebt und arbeitet seit Kurzem in Avenches VD.

Hinter dem Namen Oekofacta steht die schweizerisch-kirgisische ­Architektin Saikal Zhunushova. Beim Betreten ihrer soeben erst bezogenen Wohnung mit darüberliegendem Büro in Avenches bietet sie mir gleich das Du an – das sei einfacher bei ihrem komplizierten Namen. Zurück zur Einfachheit, dieser Gedanke prägt auch ­Saikals Architektur, eine Haltung, die auf ihre Kindheit in Kirgistan zurückgeht, wo es oft an baulichen Grundlagen mangelte. Zum Beispiel hat sie – gerade zu diesem Zeitpunkt zieht vor dem Fenster mit Ausblick auf einen charmanten Hinterhof ein stürmisches Gewitter auf – grossen Respekt vor Wasser, denn wo sie aufwuchs, tropfte es bei Regenwetter immer ins Haus. Entsprechend unangetan war sie während ihres Architekturstudiums an der staatlichen Universität in Bishkek von ästhetischen Raumtheorien. «Alle Häuser, die dicht waren, waren schön genug für mich», meint sie lachend. Viel mehr interessieren sie kluge technische Details, praktische Lösungen und eine klare Formensprache. Aber auch das ökologische Handeln, wie der Name ­ihres Büros «oekofacta» verrät, ist ihr ein Anliegen. Sie legt wert auf möglichst naturbelassene Materialien, die ohne einen aufwendigen Recyclingprozess wieder in die Natur aufgenommen werden können. Graue Energie, die zum Beispiel durch das Verarbeiten von Materialien oder lange Transportwege entsteht, will sie wenn möglich vermeiden.

Eingangsbereich mit grauen Steinplatten offen zum leicht erhöhten Wohnzimmer, das mit alten Holzbalken abgetrennt ist.

Saikal mag geschichtsträchtige Gebäude, die eine Herausforderung bieten. Dies stellt sie beim Umbau eines Flarzhauses in Bauma unter Beweis. Die hohen, offenen Räume im Erdgeschoss zeigen die um ca. einen Meter verschobenen Ebenen des Bestandes, die sie gekonnt zu einem Ganzen vereinte.

Dachfenster in einer Dachschräge aus Holz, darunter ein flaches Fenster beinahe auf Bodenhöhe, das Licht ins untere Zimmer lässt.

Gekonnt geht Saikal mit den natürlichen sowie baulichen Gegebenheiten um: Durch das abgeschrägte Dach, Dachfenster und sogar Durchblicke innerhalb des Gebäudes gelangt Licht in die unteren Etagen.

Inspiriert ist Saikal von Geschichten – besonders Biografien von Pionierinnen wie Lux Guyer, eine der ersten Schweizer Architektinnen, oder Ella Maillart, die in den 1920ern alleine um die Welt reiste: «Gerade wenn ich vor schwierigen Aufgaben stehe, helfen mir diese Geschichten weiterzugehen. Sie zeigen mir, dass das Unmögliche möglich ist.» Vielleicht gerade deshalb mag Saikal Herausforderungen: «Mein nächstes Traumprojekt ist ein Umbau mit möglichst ­komplizierten Gegebenheiten. Je historischer, desto ­besser.» Diese Vorlieben kamen bei ihrem ersten Projekt als selbstständige Architektin – der Umbau eines Flarzhauses in Bauma – voll zum Zuge. Anstatt die vertikal verschobenen ­Teile des Bestandes auszugleichen, verband sie diese gekonnt mit Treppen zu einem harmonischen Raumgefüge. Da das Haus nur gegen Norden und Süden über Fenster verfügt, benutzte sie die Dachschräge dafür, dass mehr Licht ins Erdgeschoss dringt, denn der aufmerksame Umgang mit natürlichen Gegebenheiten wie Licht, Luft und Wärme ist ihr ein Anliegen. Ihr Flair für praktische Lösungen zeigte Saikal im Bad, wo sie ­Naturkalkstein benutzte, damit Kalkablagerungen ­unsichtbar bleiben. Nicht zuletzt verstand und schätzte sie die Geschichte des Bestands. So entstand im Untergeschoss eine Werkstatt für die Bauherrin, eine Gold- und Silberschmiedin, denn früher gehörte das Verrichten von Heimarbeit in Flarzhäusern zum Alltag. Der Umbau blieb dem Wesen des Hauses treu – genau dies überzeugte die Bauherrschaft sowie die Denkmalpflege von Saikals Entwurf.

www.oekofacta.com

Zum Einsatz beim Umbau in Bauma kamen natürliche Materialien wie Holz, Naturstein oder Lehmputz. Dieser atmet und absorbiert unangenehme Gerüche.

Der Ofen im Eingangsbereich sorgt für Gemütlichkeit.

Der Umbau umfasste den Anschluss des Ökonomieteils an den Wohnteil des Hauses. Die originale Riegelwand dazwischen wurde
soweit wie möglich erhalten.

Titelbild Umbauen+Renovieren 5/21 mit dem Thema Bauernhäuser.

Das gesamte Porträt sowie weitere Geschichten zum Thema Umbauen finden Sie in der Ausgabe 5/21 von Umbauen + Renovieren.