Lieber Herr Spahn

Offener Brief an den deutschen Gesundheitsminister

OPPOSITE OFFICE ist ein innovatives Architekturbüro aus München, welches architektonische Geschichten erfindet, schreibt und zeichnet. Benedikt Hartl ist die treibende Kraft von OPPOSITE OFFICE. Nun wartet der findige Kopf mit einer überraschenden Idee zur aktuell brisanten Lage in Deutschland auf: Er hat dem deutschen Gesundheitsminister einen offenen Brief geschrieben und darin gleich eine ganz besonderes Projekt vorgestellt – und zwar will er den Berliner Flughafen etwas von seiner Schieflache nehmen und schlägt nun eine temporäre Umnutzung in ein Spital vor.

Der Architekt Benedikt Hartl und sein Team von OPPOSITE OFFICE will den Berliner Flughafen temporär in ein Spital für Covid-19-Patienten Umnutzen lassen.

Die einfachen, kreisrunden Module schaffen für jeden einzelnen Patienten einen intimem Rückzugsraum.

... zunächst möchte ich mich bedanken für Ihr unermüdliches Engagement in dieser Krise! Natürlich sind hier auch die zahlreichen Ärzte, Pfleger und Krankenschwestern zu nennen, die an vorderster Front für unsere Gesundheit kämpfen. Vielen Dank dafür!

In Spanien und Italien sehen wir Gesundheitssysteme binnen kürzester Zeit durch den Ausbruch von COVID-19 an und über ihre Grenzen gehen. Auch in Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt, steht das Gesundheitssystem vor einem Stresstest und bereits jetzt arbeiten Ärzte und Ärztinnen, Pfleger und Pflegerinnen am Anschlag. Ein Problem ist dabei auch die mangelhafte Trennung von Corona-Infizierten von anderen Patienten.

Wir hatten Zeit, uns seit dem Ausbruch in Wuhan noch besser auf die Pandemie vorzubereiten. Dort wurde innerhalb von zehn Tagen die Klinik Huoshenshan mit einer Kapazität von rund 1000 Betten buchstäblich «aus dem Boden gestampft». Damals wurden bezüglich der Bauzeit noch scherzhafte Vergleiche zu der Errichtung des neuen Berliner Flughafens gezogen, der sich seit 2006 im Bau befindet.

Und heute? Heute kann uns genau dieser Flughafen helfen!

Sie bezeichnete am 26. März die derzeitige Lage in Deutschland als «Ruhe vor dem Sturm». Doch bereits jetzt befindet sich unser Gesundheitssystem vor einer Zerreissprobe.

Fliegen war auch vor dem Ausbruch der Atemwegserkrankung COVID-19 nicht mehr en vogue und jetzt ist die Flugscham einer tödlichen Ansteckungsgefahr gewichen. Wir sind uns einig, dass wir diesen neuen Flughafen in der nächsten Zeit gewiss nicht brauchen werden.

Warum nutzen wir ihn also nicht als eine Art «Super-Krankenhaus» für COVID-19 Infizierte? Ein Vorteil wäre, dass hier Infizierte auf dem Flughafenareal (1470ha) komplett abgeschottet wären und nicht in Kontakt mit anderen Patienten kommen würden. Allein das Hauptgebäude bietet mit einer Fläche von 220000 Quadratmeter viel Platz für medizinische (Not-)Versorgung. Aus präventiven Motiven angesichts einer sich nicht kontrollierbaren Entwicklung bietet der BER hier ungenutztes Potential.  

Das neue COVID-19 HOSPITAL BER nutzt die Gebäudestruktur des Flughafens und wird durch runde modulare Patienten-Kabinen bestückt. Dies kann stufenweise pro Gate erfolgen. Den Aufbau könnten Messebauer und Messebauerinnen übernehmen, die wirtschaftlich von der Krise mit am meisten betroffen sind. So könnte innerhalb von wenigen Tagen das Corona-Krankenhaus eröffnet werden. Lasst uns Chinas Pragmatismus und Schnelligkeit zum Vorbild nehmen! 

Architektonisch sind die Module eine einfache Konstruktion aus Stahlprofilen mit Beplankung. Dennoch wird versucht, auch eine angemessene und angenehme Atmosphäre für die Erkrankten zu schaffen. So erhält jeder Patient seinen eigenen Rückzugsraum. Die gekrümmte, runde Raumstruktur schafft einen ruhigen und geborgenen Ort der Genesung und Erholung.  

Dieser Vorschlag soll keine Anmassung sein und ist architektonisch natürlich diskutabel, aber er bietet ein Gedankenkonstrukt, um weiter in die Zukunft zu blicken und Strategien zu entwickeln, wie wir uns auf eine höhere Zahl an Infizierten vorbereiten können. Dies müssen und können natürlich in erster Linie Epidemiologen und das Bundesgesundheitsministerium bewerten, daher soll dieser Brief nur als Impuls aus architektonischer Perspektive dienen.

 

Beste Grüsse,

Benedikt Hartl

Dipl. Ing. (Univ.) Architekt

OPPOSITE OFFICE, München

www.oppositeoffice.com

Die einfache Struktur mit Stahlprofilen und einer eigenen Beplankung kann je nach Grösse des Raumgefüges erweitert werden.

Das Architektenteam von Opposite Office hat eine Raumstruktur geschaffen, die einen ruhigen und geborgenen Ort der Genesung und Erholung schafft.