Am Rande der Oberengadiner Seenlandschaft steht ein Haus. Die Kulisse: vorne Wiese und Moorgebiet, hinten Lärchenwald und Berge. Grundsätzlich eine wunderbare Voraussetzung. Bloss – eine idyllische Umgebung allein ist noch kein Garant für gute Architektur. Das Beispiel einer erweiterten Renovation bei Maloja zeigt, wie wichtig bei einem solchen Projekt Vorkenntnisse und vertiefte Recherchen sind. Umbauen heisst weiterbauen, heisst, ein neues Gleichgewicht zu finden zwischen Alt und Neu. Dem in Chur und Ardez ansässigen Architekten Men Duri Arquint ging es darum, den archaischen Ausdruck des ursprünglichen, vernakulären Baus wieder herauszuarbeiten und das Gebäude zugleich in eine heutige Form zu überführen. Die Wohnhausstallung steht zwar an der Grenze zum Oberengadin, orientiert sich aber in der Bauweise eher am südwestlich gelegenen Bergell. Dass der Ökonomieteil schon 1960 ausgebaut worden war, brachte auch einen Vorteil mit sich. Nur unter dieser Voraussetzung war eine Erweiterung des Bauvolumens überhaupt möglich. Men Duri Arquint baute auf zwei Seiten weiter und schaffte damit sowohl neue Nutzungsmöglichkeiten wie auch eine neue einheitliche Erscheinung des Bauwerks. Damit verbunden war auch eine Renaturalisierung des Terrains.
Im vorgefundenen Zustand wirkte die ehemalige Wohnhausstallung eher wie ein Fremdkörper in der bedeutenden Landschaft, da die Morphologie rund ums Haus im Zuge der Ausbauten um 1960 wie ein Einfamilienhausgarten ausgeebnet und verfremdet wurde. Die Landschaftsarchitektin Nina von Albertini hat der Einbettung des Gebäudes in die charaktervolle geschützte Landschaft und deren Lebensräume besondere Beachtung geschenkt. Typische morphologische Elemente der natürlich gewachsenen Landschaft wurden anstelle der anthropogen gestörten Flächen um das Haus neu erstellt. So entwickelt sich ein neuer mit der Umgebung verwandter Geländerücken mit der typischen Borstgras- und Zwergstrauchvegetation aus dem Vorland hinauf gegen das Haus. Während der Bauphase wurde mit den Ressourcen Boden und Vegetation sorgfältig umgegangen. Heute erscheint die Baute wieder als Teil der gesamten Landschaft.
Der Eingriff in die bauliche Struktur zeigt sich schon bei der Adressbildung. Die Verlagerung des Hauseingangs von der vorderen, westlichen zur seitlichen Fassade kreiert zum einen eine Betonung der Längsachse, zum anderen eine lesbare Gliederung in einen – heute als grosszügigen Wohnteil genutzten – ehemaligen Ökonomiebereich und einen kleinteiligen, privateren Teil, wo sich etwa auch die alte Stüva befindet. Akzentuiert wird diese Unterteilung zudem durch die grosszügige Fensterfront im neuen Wohnraum. Eine durch die serielle Anordnung der Sparren bestimmte Gliederung dieser Grossöffnung erzeugt ein spannungsreiches Spiel zwischen Geschlossenheit und Offenheit. Das Bauwerk ist einerseits als eine Hommage an die lokale Bauweise zu verstehen, andererseits wirkt es zugleich als eigenständige, zeitgemässe Form. Man müsse das Alte verstehen, um weiterzubauen, sagt Arquint. Diese respektvolle Haltung widerspiegelt sich auch in seinem Umgang mit Materialien und ihrer Verarbeitung. Eine gezielte Reduktion auf wenige Elemente und eine sensible Handhabung kleinster Details prägen den Charakter der Architektur.