«Keine Rosen für mich»

Abstrakt: Teppichdesign aus Paris

Die Pariser Architektin Sophie Dries präsentierte während des Salone del Mobile den Teppich «Traces».

Mit seinem abstrakten Muster fügt er sich perfekt in die Kulisse der alten Panettonefabrik ein.

Als Inspiration für das Muster dienten die Wandstrukturen der Villa Can Lis auf Mallorca.

Die Farbvarianten stützen sich auf Komplementär-Kontraste.

Ausgangslage für das Projekt war eine Residency in der Villa Can Lis auf Mallorca, die von dem dänischen Architekten Jørn Utzon errichtet wurde.

Beeindruckt von den sichtbaren Spuren der Zeit, übertrug Sophie Dries die Struktur der Wände auf Papier. Später entwickelte sie aus den Kohleskizzen ein abstraktes Teppichmuster.

«Alcova», ein Projekt von  Space Caviar und Studio Vedèt, versammelte während der Design Week Kunst- und Designschaffende in Mailands ältester Panettonefabrik an der Via Popoli.

Obwohl das Fabrikgebäude langsam zerfällt, scheinen die Teigknetmaschinen noch immer auf ihren Einsatz zu warten.

Alles begann in der Villa Can Lis im Süden Mallorcas. Ursprünglich als Wohnsitz des dänischen Architekten Jørn Utzon erbaut, verbringen hier heute junge Architekten ihre Residency. Als Sophie Dries das Haus betrat, war sie sofort von seiner Architektur beeindruckt. Besonders inspirierten sie die im Kalkstein sichtbar gewordenen Spuren der Zeit. Mit Kohle transferierte sie die Strukturen auf Papier, hob sorgfältig die Kratzer der handgeschlagenen Steine hervor. «Anfangs wusste ich nicht, dass ich daraus einen Teppich entwickeln würde», so Dries. «Es kristallisierte sich erst heraus, als ich auf die deutsche Teppichmanufaktur Jan Kath aufmerksam wurde». 
Dries lebt und arbeitet in Paris, als ausgebildet Architektin und Designerin hatte sie bereits mehrere Interieur-Projekte umgesetzt. Sie transformierte die Kohleskizzen in ein Computer-File mit acht Farbnuancen – vier für Wolle, vier für Seide. In den Werkstätten von Jan Kath in Indien liess sie erste Samples anfertigen, um das Sujet zu perfektionieren.

«Ich bevorzuge abstrakte Muster, Rosen und dergleichen mag ich nicht.»


Eine Herausforderung war die Kolorierung. Dries testete verschiedene Farbkombinationen bis sie erkannte, dass diejenigen Farben  gut funktionieren, die einander im Farbkreis gegenüberstehen. Schliesslich entschied sie für die Varianten blau-beige, rot-grün und gelb-violet. Die Teppichknüpfer wendeten eine alte persische Knüpfung an, die einer antiken Technik der Mogule im nördlichen Indien entstammt. Diese Technik erfordert einen extrem langsamen Herstellungsprozess, für einen Quadratmeter benötigen die Knüpfer einen ganzen Monat. Die verwendeten Materialien Wolle und Seide kontrastieren in Farbe und Haptik und widerspiegeln die reliefartige Oberfläche der Kalksteinwände. Die Wolle wirkt beinahe rau, die Seide dagegen umso schimmernder.


Textilien misst Sophie Dries einen besonderen Wert bei, da sie wesentlich zu einer wohnlichen Atmosphäre beitragen und einen wohltuenden Kontrast zu rauen Baumaterialien wie Holz oder Metall bilden. Konsequent ist sie bei der Wahl des Rohmaterials. «Ich arbeite ausschliesslich mit Naturmaterialien, etwa Leinen, Hanf- oder Kokosfasern», erklärt die Architektin. Auch bei Möbel- oder Interieurprojekten bevorzugt sie natürliche Materialien. «Wenn du dir keinen Marmor leisten kannst, weichen wir auf Beton oder Holz aus, aber niemals verwenden wir falschen Marmor. Naturstoffe, verarbeitet von Hand, in zeitgenössischem, puristischem Design – das bleibt zeitlos, wird zum Klassiker, den man zehn, zwanzig Jahre lang behält, der nicht beim ersten Umzug auseinander fällt. Auch diese Objekte verändern sich mit der Zeit, doch ihre Oberflächenveränderungen bergen Schönheit in sich – wie die Spuren im Kalkstein der Villa Can Lis», so Dries. Es sei wie in der Mode: «Fashion passes, style remains», wie Coco Chanel zu sagen pflegte. 

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