Die Schönheit des Alters

Umbau Theater in Barcelona

Früher industriell geprägt, sind im Stadtteil Poblenou in Barcelona heute viele Kreativschaffende aktiv. Die Theatergruppe «Nova Sala Becket» fand in einem alten Genossenschaftsbau ein neues Zuhause.

Die Genossenschaft «Pau i Justícia» (Friede und Gerechtigkeit) betrieb hier 1920 eine Schule, ein Theater und eine Bibliothek. 2001 entschied das Architektenduo Eva Flores und Ricardo Prats den Wettbewerb zum Umbau des zerfallenden Gebäudes für sich.

Auch das alte Genossenschaftscafé wurde von den Architekten neu gestaltet. 

Um das Foyer beim Haupteingang gliedern sich das Café, Büros, Umkleide- und Proberäume und der Hauptsaal. Wo immer möglich, beliessen die Architekten den historischen Bestand oder platzierten ihn an anderer Stelle neu. 

Das Design von Flores & Prats basiert auf den räumlichen und dekorativen Qualitäten des bestehendes Gebäudes. Fenster, Türen und die bunt gemusterten Fliesen wurden aufgearbeitet.

Durch den sorgfältigen Umgang der Architekten mit der Bausubstanz behielt das Gebäude seinen genossenschaftlichen Charakter.

Die katalanische Hauptstadt ist beliebt – sowohl als Touristenmagnet, als auch als Wohndestination für Kreativschaffende aus aller Welt. Das Ausmass des Verdrängungskampfes rückte letzten Sommer ins Bewusstsein, als wütende Stadtbewohner Touristenbusse zu verscheuchen suchten. Umso lieber berichten wir über ein Bauprojekt, das so gar nichts mit Gentrifizierung zu tun hat: «Nova Sala Becket», eine seit einem Vierteljahrhundert aktive Theatergruppe und Mitglied des Netzwerks «Fàbriques i Creació» aus Barcelona, war auf der Suche nach neuen Proberäumen. Die Stadt beauftragte die Architekten Eva Prats und Ricardo Flores, das alte Gebäude der Genossenschaft «Pau i Jus­tícia» (Friede und Gerechtigkeit)für die Theatergruppe umzubauen. Die Architekten beschäftigten sich intensiv mit der Arbeitsweise der Theatergruppe, um interne Produktionsabläufe und Anforderungen an die Funktion des Hauses als Experimentier-, Vortrags-, und Kursraum zu analysieren. Das Gebäude war in einem schlechten Zustand, das Budget mit 2.5 Millionen Euro beschränkt – immerhin beläuft sich die Fläche des Gebäudes auf knapp 3000 Quadratmeter.

«Der zerfallene Zustand, den wir vorfanden, interessierte uns. Nicht, weil wir das Haus wiederherstellen wollten. Sondern um die Ruine weiter zu entwickeln; um sie mit ihrem unfertigen Charakter und den sich überlagernden Zeitepochen zu einem Teil einer neuen Realität zu machen, die von der Stiftung laufend aktualisiert werden wird», so die Architekten. Flores und Prats analysierten Fliesen, Mauerwerksschichten und Türrahmen; in sorgfältiger Feinarbeit wurden verschiedene Schichten freigelegt. Wo möglich, wurde der historische Bestand erhalten oder an einer anderen Stelle wieder eingebaut. Die Architektur des Hauses mit seinen hohen Fenstern und den Jugendstil-Elementen erzählt zwar von der Historie des Hauses. Doch durch die Neuplatzierung von Stuckaturen und Fliesen sowie sich überlagernden Farbschichten erhält die Innenarchitektur des Hauses dennoch einen zeitgenössischen Anstrich. Das durchgehende, von einem neu eingesetzten Oberlicht erhellte Treppenhaus unterstreicht die freie, offene Atmosphäre, die gleichermassen von der Historie wie dem kreativen Flair des Theaters gespeist wird.

Für ihre Leistungen wurde Eva Prats übrigens auf die Shortlist des Woman in Architecture Awards 2019 gesetzt.

Die sichtbaren Spuren vergangener Epochen erhalten die Geschichte des im Jahr 1920 errichteten Gebäudes lebendig.

Links die Bar, vorne der Theatersaal: Noch kurz ein Glas Wein trinken, während man auf den Beginn der Vorstellung wartet. 

Raumakustik, Beleuchtung, Belüftung und Lärmschutz erforderten sorgfältige Planung.

Das Oberlicht über dem Treppenhaus wurde neu eingefügt. Auf diese Weise fliesst Tageslicht bis hinunter ins Foyer.

Jugendstil-Elemente, sich überlagernde Farbschichten sowie neu angeordnete Fliesen und Stuckaturen verschmelzen auf unkonventionelle Weise zu einem neuen Gesamtbild.

Ein Grossteil des verfügbaren Budgets wurde für die Klimatisierung und den Schallschutz verwendet.

Der ehemalige Ballsaal wird heute als Werkstatt oder als zweiter Aufführungsraum genutzt.